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KLARAtext

Traumhaftes Stadtleben

Die Polizei hat nichts zu tun. Sie langweilt sich, zum ersten Mal in ihrer Geschichte.
Um sich von den Vorurteilen des Rassismus zu befreien, spielt sie mit den üblichen Verdächtigen (Dealern, Einbrechern, Steuerhinterziehern,…) Blechdosenfussball im Grüngürtel.

Burak, Cengiz, Milo und Hans freuen sich über ihr neues „integratives“ Dasein und versuchen, gemeinsam auf der Slackline, die richtige Balance zu finden. Oder sie spielen Wikinger Schach auf dem Rasen, um die alten Territorien abzustecken und umzubenennen.

Horst wäre höchst erfreut, wenn er denn etwas davon mitbekommen würden, aber er studiert ja gerade seine rechtsdrehenden Studien und sorgt dafür, dass es hier nicht so voll wird.

Seit Corona liegen die Einbrecher allerdings nur auf dem Rasen rum, irgendwie macht sich auch bei Ihnen eine Art chronischer Erschöpfung bemerkbar. Sie sind einfach zu müde, um etwas zu stehlen, aber ehrlich gesagt, haben sie auch langsam genug Autos, Fernseher und Computer geklaut, da fehlt eindeutig der Kick. Und die Leute sind ja sowieso alle im Homeoffice, da lohnt sich so ein Einbruch herzlich wenig.

Stattdessen gründen sie gemeinsam mit dem Kölner Polizeiorchester die weltmusikalische HipHop Band „Alles so schön bunt hier“ und singen und rappen „Schwarzbraun ist der Muselkuss“ und „Oh, du Döner Westerwald“, untermalt mit weltmusikalischen Elementen aus Syrien, Afghanistan oder dem Iran. Macht irgendwie mehr Laune.

Alle anderen Polizisten geben Fahrradkurse für Grundschulkinder, damit diese besser auf den Kölner Ringen fahren können, die seit neuestem komplett autofrei sind.

Die Luft ist wunderbar lau und leicht, der Lärmpegel um einige Dezibel gesunken und überhaupt laufen plötzlich überall freundlich lächelnde Menschen durch die Stadt, werfen ihren Müll in die entsprechenden Behälter, sitzen auf Bänken, hören leise Meditationsmusik, tanzen mit entsprechendem Abstand oder wippen gemütlich im Takt und überlegen, was sie einander noch Nettes sagen können. Und weil alle so entspannt sind, gehen sie schon um 23 Uhr nach Hause und lassen Köln in einem schönen nächtlichen Dämmerzustand ohne Überfälle und sexuelle Belästigung vor sich hin träumen und von seinem jahrelangen Zerfall regenerieren.

Ab und zu kichert jemand leise, weil Friedrich, also der, der gerne Kaiser von Deutschland wäre, meint, es würden sich alle daran gewöhnen, nicht zu arbeiten.
Ja, klar, er weiss wovon er spricht, er macht ja auch nichts anderes, ausser Wind für die nächste Zuckerwattenproduktion auf dem politischen Rummelplatz der wichtig-christlich-dämlokratischen Union zu produzieren.

Einige Einwohner der Stadt kugeln den „Berg“ am Aachener Weiher hinunter, torkeln am Ende umher und springen jublierend in das sprudelnde klare Wasser, in dem nur zwei Schwäne aus abbaubarem Plastik hin- und herschwimmen und geniessen das kölsche Lebensgefühl. Was bekanntlich ja schon immer „jot jejange is“ und wo „jeder jeck anders is“.

Und hey, obwohl der Karneval in diesem Jahr abgesagt ist, sind wir nicht ernsthaft traurig.

Wir tragen doch jetzt das ganze Jahr über Masken und da ist der Kreativität nun wirklich keine Grenze gesetzt und sollte jemand noch immer sein schwaches Nervenkostüm ausführen wollen, schmeisst es weg und kauft euch einfach ein schönes, neues, dickes Fell und freut euch, dass ihr am Leben seid.