Kategorien
KLARAtext

Auf leisen aeroSohlen

Ich habe eine Einladung zu einem 70. Geburtstag bekommen. 

Mit der Bitte, nicht mit MASKErade und Zollstock zu erscheinen.

Ist denn schon wieder Karneval? Dann geh ich da eh nicht hin.

Auf dem Grundstück herrscht ausserdem seit neustem Handyverbot.

Wegen irgendwelchen strahlenden G-Punkten.

Dann kann ich da erst recht nicht hin, wie soll denn meine WarnApp reagieren und informieren.

Ausserdem habe ich genau an dem Tag noch ein dringendes Mobiltelefonat mit meiner MASKEnbildnerin ein-G-plant.

(tätätätätätä).

Die hat nämlich ganz andere Probleme.

Die Lippenstiftindustrie ist pleite. 

(Die Künstler auch, aber das ist ein anderes Thema, das ist ja jetzt auch nicht so wichtig, die können ja auch ruhig was anderes machen, die sind doch sonst auch so kreativ und fröhlich und flexibel und Strassenmusik geht doch auch wieder. Auf Abstand. Mit Hut und so.)

Hallo, die Lippenstiftindustrie ist pleite. Das ist wirklich wichtig. Daran ist die Maske Schuld oder die WHO oder Merkel.

Es schminkt sich ja niemand mehr die Lippen.

Aus die Maus. Mein Börsentipp lautet: einfach in Wimperntusche oder Lidschatten investieren. Das funktioniert noch.

Oder in Schönheitsoperationen. 

Die haben gerade Hochkonjunktur, besonders im Gesicht.

Noch ein unschlagbares Argument für die Maske, sieht ja erstmal keiner und nach Corona kann man dann die Maske abnehmen und sieht unfassbare fünfzehn Jahre jünger aus. 

War ja alles total detoxmässig, zu sich selbstfindend und so was von entspannend. Also, ich finde es toll und diese RUUUUHHHEE.

Ich habe neue graue Haare, nicht besonders dramatisch, Falten hab ich eh keine, innerlich bin ich weiterhin die fröhliche Jugendliche, die in Pfützen hüpfen möchte und der die Welt zu Füssen liegt,…eh, Moment, bitte?!

Ach so, zu der Zeit war Tschernobyl, da bin ich in gar keine Pfütze gehüpft, da wurde die Gartenerde abgetragen und ich hab Panikattacken bekommen, weil ich einen Schluck Milch getrunken habe oder auf dem Tennisplatz den verstrahlten Staub der Asche eingeatmet habe, ja, so war das nämlich wirklich.

Und deshalb, so ganz tiefenpsychologisch analysiert, hab ich Respekt vor den Corönchen. Ich kann sie nicht sehen kann, sie schleichen auf leisen aeroSohlen umher und greifen ganz unvermittelt an. Nur weil ich ATME oder mit einem anderen Menschen rede, ihn umarme oder singe.

Deshalb habe ich meine GesangsschülerInnen hinter eine Glasscheibe gesperrt, die Luft über ihnen wird abgesaugt und sie sind sicherer als in jedem Flugzeug.

Wir singen jetzt immer „Über den Wolken“, weil das Sommerurlaubsgefühl in diesem Jahr sonst so gar nicht in Schwung kommen mag.

Also ich hab noch wenige Plätze frei und mein Geschäft boomt.

Ich hab da wohl ne Marktlücke getroffen.